Beschäftigte der Karl-Jaspers-Klinik in Wehnen haben gemeinsam mit zivilen Beschäftigten der Bundeswehrverwaltung in Westerstede für höhere Einkommen protestiert und Warnstreiks durchgeführt.
Mit den Aktionen am 15. Februar 2023 erhöhten die Beschäftigten vor der zweiten Verhandlungsrunde in der kommenden Woche den Druck auf die Arbeitgebenden, die bisher kein Angebot vorgelegt haben. Der dbb fordert in der Einkommensrunde für den öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen 10,5 Prozent, mindestens 500 Euro höhere Einkommen. Organisiert wurden die Proteste von der dbb-Mitgliedsgewerkschaft Verband der Arbeitnehmer der Bundeswehr (VAB).
Thomas Zeth, stellvertretender Bundesvorsitzender des VAB und Mitglied in der Geschäftsführung der dbb Bundestarifkommission, sagte bei einer Kundgebung vor der Robert-Schumann-Kaserne in Müllheim bei Freiburg: „Wir erfahren täglich am eigenen Leib, wie sich Fachkräftemangel auswirkt. Die Bewerberzahlen für die Zivilberufe bei der Bundeswehr sind um 30 Prozent zurückgegangen. Mehr als 60 Prozent der aktiven Beschäftigten sind über 50 Jahre alt. Das bedeutet Arbeitsverdichtung bis an die Grenzen unserer Leistungsfähigkeit.“ Zeth fordert daher ergänzend eine Verlängerung der Regelung zur Altersteizeit, die zum Ende des vergangenen Jahres ausgelaufen ist. „Außerdem verdienen Facharbeiter bei der Bundeswehr 600 bis 1000 Euro weniger als in vergleichbaren Jobs in der freien Wirtschaft. Wir haben generellen Nachholbedarf. Unsere Forderung ist daher mehr als gerechtfertigt.“
Connie Breier, Vorsitzende der VAB Standortgruppe Westerstede, machte bei der dortigen Kundgebung vor dem Bundeswehrkrankenhaus klar: „Klatschen reicht uns nicht! Wie schon während der Corona-Pandemie leiden die Kolleginnen und Kolleginnen unter mangelnder Wertschätzung für Gesundheits- und Pflegearbeit. Wir sind auch deshalb alle enttäuscht vom aktuellen Stand der Tarifverhandlungen, denn die rasante Inflation trifft uns an der Supermarktkasse, an der Tankstelle und bei der Stromrechnung!“ Auch Breier wies auf den immer dramatischeren Fachkräftemangel hin: „Der Nachwuchs kommt einfach nicht. Wir müssen die Arbeit in der Pflege attraktiver machen. Wenn wir jetzt nichts tun, kann die Personalkrise ins Desaster führen.“
An der Aktion in Westerstede nahmen auch Beschäftigte der Karl-Jaspers-Klinik in Wehnen teil, die unter dem Dach des dbb in der GeNi - Gewerkschaft für das Gesundheitswesen organisiert sind. Marion Sjuts, Mitglied des Vorstandes der Fachgruppe Wehnen, bezeichnete das Verhalten der Arbeitgebenden in den Tarifverhandlungen als „respektlos“.
Hintergrund
Vom Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) sind insgesamt über 2,5 Millionen Beschäftigte direkt oder indirekt betroffen: Fast 1,6 Millionen Arbeitnehmende des Bundes und der Kommunen und weiterer Bereiche, für die der TVöD direkte Auswirkungen hat, sowie Auszubildende (6.350 beim Bund, 56.300 bei den Kommunen), Praktikantinnen und Praktikanten sowie Studierende in ausbildungsintegrierten dualen Studiengängen und auch knapp 190.000 Bundesbeamtinnen und Bundesbeamte, Anwärterinnen und Anwärter (16.885 beim Bund) sowie über 500.000 Versorgungsempfängerinnen und -empfänger beim Bund, auf die der Tarifabschluss übertragen werden soll. Mittelbar hat die Einkommensrunde auch Auswirkungen für weitere Bereiche des öffentlichen Dienstes (Bspw. Bundesagentur für Arbeit, Deutsche Rentenversicherung). Weitere Verhandlungsrunden sind für den 22./23. Februar und den 27./28. März 2023 in Potsdam geplant.